Der filmische Blick im Museum. Dekonstruktion des Eigenen und Fremden im US-amerikanischen Informationsfilm Wie die Jungen sungen (R: Georg Tressler, 1954)
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2011Metadata
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Österreichische Zeitschrift für Volkskunde. 2011, 114 (3), 349-366.Abstract
Es ist ein kleines, etwas verstaubtes Juwel, das mir da im Zuge von Recherchen zu einem Forschungsprojekt zum Marshall Plan Film in die Finger fi el.1 Der Dokumentarfi lm Wie die Jungen sungen, gedreht 1954 in Wien, schildert den Eintritt eines Mädchens in eine neue Schule. Am Ende des Schuljahres unternimmt die Klasse einen Ausfl ug ins Volkskundemuseum und demonstriert anhand dieser Szene die geglückte Integration der Protagonistin in die neue Gemeinschaft. Obwohl das Museum für Volkskunde in Wien in erster Linie als Kulisse für die Filmhandlung dient, gewährt der Film interessante Einblicke in die Rolle des Museums in den 1950er Jahren, seine Zugänge zur Kulturvermittlung und seine Stellung als Bewahrer der österreichischen ländlichen Kultur. Mehr noch: Der Film nutzt das Museum als Ort, um mit visuellen Mitteln den Stellenwert der nationalen Kultur zu erörtern, das Eigene mit dem Fremden zu konfrontieren und damit den Konstruktionsprozess ethnischer und nationaler Identitäten aufzudecken, aber auch deren Brüchigkeit sichtbar zu machen. In diesem Aufsatz möchte ich anhand einer detaillierten Analyse der im Museum spielenden Filmsequenz die unterschiedlichen und, wie deutlich werden wird, durchaus widersprüchlichen Bedeutungsebenen des Films herausarbeiten und damit die Wirkmächtigkeit des fi lmischen Blicks diskutieren.2 Bevor wir uns aber der Filmanalyse zuwenden, möchte ich kurz den Entstehungskontext des Films skizzieren.