Das Altern ohne Kinder in Brit Bildøens Roman 'Tre vegar til havet' (2018)
Abstract
„It is horrible to see oneself die without children.“1 Mit dieser Feststellung wird in Brit Bildøens Roman Tre vegar til havet [Drei Wege zum Meer] aus dem Jahr 2018 eine besondere Dimension des Alterns aufgegriffen. Es geht darum, wie das Altern erfahren wird, wenn man sich selbst nicht als Teil einer Generationen- folge sehen kann, die über das eigene Leben hinaus Bestand hat. Der kursiv gedruckte Satz ist aber nicht direkt auf die namenlose weibliche Hauptfigur des Romans zurückzuführen, es handelt sich hierbei vielmehr um ein Zitat aus Joan Didions Memoiren Blue Nights (2011). Mit ihrer eigenen Lebenskrise konfrontiert, fühlt sich Bildøens Protagonistin von dieser Äußerung der amerikanischen Schriftstellerin zutiefst betroffen. Sie sucht nach einem norwegischen Wort, das dasselbe Gefühl von „Fallen“, „Dunkelheit“ und „Schrecken“ hervorbringen könnte wie das englische „horrible“ und „[h]orror“ (55). Ihre Suche nach dem angemessenen sprachlichen Ausdruck führt den Leser zugleich in das breitere Spannungsfeld des Romans ein. Im Fokus steht ein Altern, das sich unter ganz spezifischen temporalen und institutionellen Bedingungen vollzieht, deren Dynamik ich im Folgenden genauer untersuchen werde.